Donnerstag, 28. April 2016

Leipzig Marathon 2016 - wenn alles anders kommt als erwartet

Manche Dinge kann man nicht planen, da musst du einfach machen und hoffen. So auch der Jubiläumsmarathon (der 40te) in Leipzig. Für mich der 6. Start über die volle Distanz. Man gehört halt irgendwie schon dazu. :D
Bis 14 Tage vor dem Lauf ging alles völlig reibungslos über die Bühne, nur das Wochenende vor dem Marathon hatte mich eine leichte Erkältung erwischt, die jedoch auch nicht so richtig verschwinden wollte. Kein Wunder bei diesem monatelang andauernden Schmuddelwetter mit kurzen positiven Ausreißern.
Ende der Woche war dann von der Erkältung nix mehr zu spüren. Nur die Herzfrequenzmessung und daraus folgend der Polar Running-Index zeigten noch leichte Nachwirkungen. Vielleicht ist es aber auch die Nervosität vorm Wettkampf? Bin ich im Normalfall doch sehr gelassen die Tage vor den Marathons, so ist diesmal alles ein wenig anders. Der Trainingszustand so gut wie noch nie und das Starterfeld beim Marathon so unberechenbar wie nie zuvor. Stand Freitagmittag: bis zu 5 Läufer könnten im Bereich 2:30 und schneller zusammenkommen. Stand Sonntagmorgen: (anscheinend) keiner davon da.
Somit wurde aus der 2:40 Gruppe in kurzer Zeit die Führungsgruppe zusammen mit Marc und Per? Na mal sehen was nach dem Startschuss passieren wird. :)

Parallel dazu war ja zum x-ten Mal das Ziel die 2:40h zu erreichen oder sogar zu unterbieten. So schön die Sonne morgens gegen 9:00 Uhr schien, so bedrohlich sah der Himmel in größerer Entfernung aus. Die Temperaturen top, aber was ist mit dem Wind? Lässt sich nicht ändern, also einfach machen.

Im Startblock finden sich dann viele bekannte Gesichter und zu meiner Überraschung steht auch Laura aus unserem Verein am Start. Auch wenn ich mich nicht so gut beim Starterfeld der Frauen auskenne, so war mir klar, dass da einiges gehen kann. Das für sie am Ende sogar der Sieg in einer Bombenzeit heraussprang ist einfach nur genial. Gerade nach immer wiederkehrenden Verletzungspausen.

Nun aber zurück zum eigenen Schicksal. :D Marc ließ bis zur letzten Minute auf sich warten und von Per war auch erst kurz vorm Startschuss was zu sehen. Ich dachte schon das wird hier ganz kurios - und zwar nicht im Sinne von besser. Alleine Laufen wäre nicht wirklich gut gekommen. Vor mir eine komische Gestalt. Voll Retro, aber von der Statur her durchaus mit großem Potential. Dazu gleich mehr.

Nun ist es soweit - der Startschuss in dreifacher Ausführung erfolgt. Nach vielleicht Zweihundert Metern legt besagter Retroläufer richtig los. Er läuft uns nicht nur davon, er fliegt regelrecht. Klarer Kurs auf Sub 2:20. Ein weiterer Läufer der kurz nach vorne geprescht ist muss sich schnell zurückfallen lassen. Da sind wir nun. Zusammen mit Marc und Per gehen wir voll auf Kurs. Die ersten Kilometer mit irgendwas um 3:50 einrollen und dann vorsichtig Fahrt aufnehmen. Marc wollte nach der Einrollphase in Richtung 3:45 gehen, was dann auch geschah. Matthi begleitete uns auf dem Rad, dazu die beiden Fahrradbegleiter für den zweiten und dritten Platz im Männerfeld. Regelmäßig fahren an uns die offiziellen Autos (natürlich BMW :) ) vorbei. Auf der Prager Straße erreicht uns ein Graupelschauer der stärkeren Sorte. Danach bleibt es zwar trocken, jedoch frischt der böige Wind deutlich auf. Teamwork ist nun gefragt. Da wir drei ja alle auch in größerem Maße dem Radsport frönen, wechseln wir uns munter kreiselnd nach belgischem Vorbild ab. Dabei laufen wir den einen oder anderen Kilometer auch deutlich schneller als 3:45, was in Kombination mit dem leichten Kraftaufwands- und Tempowechsel durch die wechselnde Führungsarbeit für mich definitiv zu schnell ist, um sauber bis ins Ziel zu kommen. Aber das spielt keine Rolle, denn die Alternative wäre alleine im Wind und ohne Abwechslung und Orientierung zu laufen. Ich wollte möglichst lange am 2:40h-Kurs festhalten und mich am Ende ins Ziel kämpfen, unabhängig was für eine Zeit rauskommen wird. Denn eines war zu diesem Zeitpunkt klar: heute geht es auch um eine sehr gute und auch (für das BMW-DHfK-Team) werbewirksame Platzierung.


Der Führende, über den wir die ganze Zeit gelästert und gemutmaßt haben, schien nach seinem extrem ambitionierten Start nicht weiter an Boden gewinnen zu können. Unsere Hoffnung, dass wir vorbeilaufen können, wurde nie entkräftet. Die Passage auf der Richard-Lehmann-Straße auf der man den anderen entgegenläuft, zeigte uns dann sehr schön wo wir stehen (laufen). Vor uns der Retro-Einzelkämpfer der nicht mehr wirklich frisch aussah, hinter uns mit großem Abstand ein paar Einzelkämpfer die alle allein mit ihrem Schicksal kämpften. Zumindest taktisch alles richtig gemacht.

Den Halbmarathon liefen wir in knapp über 1:19h durch - das hätte sogar für Top-Ten-Platzierungen beim Halbmarathon gereicht. Das war nicht nur auf der Uhr zu schnell für mich, auch der Körper sendete nun deutliche Signale, dass der Ofen bald ausgeht. Ganz leicht deutete sich Seitenstechen an und das Gefühl des Fliegens aus der ersten Runde wich dem Gefühl steigender Trägheit und Schwerkraft. Per wirkte auch nicht gerade unterfordert, aber doch sehr souverän. Marc hingegen lief wie ein Uhrwerk. Am Augustus-Platz (ca. km 24) musste ich die beiden dann ziehen lassen. 3:45 bis 3:50 ist jetzt einfach zu schnell. Stattdessen regelt sich mein Tempo bei ca. 4min/km ein. Irgendwie ins Ziel kommen und möglichst nicht überholt werden. 18km vor dem Ziel nicht unbedingt ein leichtes Vorhaben, aber bis jetzt hat es sich bei allen schwierigen Situationen in vergangenen Wettkämpfen gelohnt sich durchzubeißen. Aktuell auf Platz 4 mit dem unberechenbaren Führenden ... vielleicht geht ja doch noch was. :)


Die Kilometer quälen sich nun so dahin. Doch bei Kilometer 30 dann das Unglaubliche. Wer sitzt denn da am Straßenrand und macht sich die Startnummer ab? Sind jetzt nur noch Marc und Per vor mir, oder bilde ich mir das jetzt nur ein? Da ich auf einmal eine Radbegleitung hatte musste es wahr sein. :) Krasse Situation. Im ersten Moment hab ich mich einfach nur gefreut, dass Per oder Marc gewinnen wird. Die Chance, dass von hinten einer stark auf mich aufholt war nicht nur groß, sondern extrem hoch. Die Beine schwer wie Blei, der Kopf voller Euphorie - na mal schauen was auf der Richard-Lehmann-Straße zu sehen sein wird. Und da kam ........... laaaaaange ....... nix. :D


Jo, ne klare Aufgabe: beweg deinen Hintern und sieh zu dass du ins Ziel kommst - keine Widerrede!!!

Auf Platz drei lag jetzt kein Läufer, sondern ein tonnenschwerer Panzer. Bodenkontaktzeiten gefühlt im Stundenbereich, Körperhaltung adäquat der zehnfachen Fallbeschleunigung und falls sich irgendwas in den Weg stellt, wird einfach drüber gerannt. :D

Wie durch ein Wunder war auch auf der Jahnalle niemand zu sehen. Es wird doch wohl nicht ... doch es wird!!! Sogar die Halbmarathonis stehen noch alle da (sorry für die Verspätung an dieser Stelle). Die Zeit von 2:45:irgendwas hat mich sogar positiv überrascht. Und da ist er, der DRITTE Platz beim Leipzig Marathon!!! Woooohaaaaa!!!


Dank an alle, die dieses kleine Wunder ermöglicht haben! Aufhören mit Laufen ist nicht drin, die Sub 2:40h steht weiterhin auf der ToDo-Liste. :)