Manche Dinge kann man nicht planen, da musst du einfach
machen und hoffen. So auch der Jubiläumsmarathon (der 40te) in Leipzig. Für
mich der 6. Start über die volle Distanz. Man gehört halt irgendwie schon dazu.
:D
Bis 14 Tage vor dem Lauf ging alles völlig reibungslos über
die Bühne, nur das Wochenende vor dem Marathon hatte mich eine leichte
Erkältung erwischt, die jedoch auch nicht so richtig verschwinden wollte. Kein
Wunder bei diesem monatelang andauernden Schmuddelwetter mit kurzen positiven
Ausreißern.
Ende der Woche war dann von der Erkältung nix mehr zu
spüren. Nur die Herzfrequenzmessung und daraus folgend der Polar Running-Index
zeigten noch leichte Nachwirkungen. Vielleicht ist es aber auch die Nervosität
vorm Wettkampf? Bin ich im Normalfall doch sehr gelassen die Tage vor den
Marathons, so ist diesmal alles ein wenig anders. Der Trainingszustand so gut
wie noch nie und das Starterfeld beim Marathon so unberechenbar wie nie zuvor.
Stand Freitagmittag: bis zu 5 Läufer könnten im Bereich 2:30 und schneller
zusammenkommen. Stand Sonntagmorgen: (anscheinend) keiner davon da.
Somit wurde aus der 2:40 Gruppe in kurzer Zeit die
Führungsgruppe zusammen mit Marc und Per? Na mal sehen was nach dem Startschuss
passieren wird. :)
Parallel dazu war ja zum x-ten Mal das Ziel die 2:40h zu
erreichen oder sogar zu unterbieten. So schön die Sonne morgens gegen 9:00 Uhr
schien, so bedrohlich sah der Himmel in größerer Entfernung aus. Die
Temperaturen top, aber was ist mit dem Wind? Lässt sich nicht ändern, also einfach
machen.
Im Startblock finden sich dann viele bekannte Gesichter und
zu meiner Überraschung steht auch Laura aus unserem Verein am Start. Auch wenn
ich mich nicht so gut beim Starterfeld der Frauen auskenne, so war mir klar,
dass da einiges gehen kann. Das für sie am Ende sogar der Sieg in einer
Bombenzeit heraussprang ist einfach nur genial. Gerade nach immer
wiederkehrenden Verletzungspausen.
Nun aber zurück zum eigenen Schicksal. :D Marc ließ bis zur
letzten Minute auf sich warten und von Per war auch erst kurz vorm Startschuss
was zu sehen. Ich dachte schon das wird hier ganz kurios - und zwar nicht im
Sinne von besser. Alleine Laufen wäre nicht wirklich gut gekommen. Vor mir eine
komische Gestalt. Voll Retro, aber von der Statur her durchaus mit großem
Potential. Dazu gleich mehr.
Nun ist es soweit - der Startschuss in dreifacher Ausführung
erfolgt. Nach vielleicht Zweihundert Metern legt besagter Retroläufer richtig
los. Er läuft uns nicht nur davon, er fliegt regelrecht. Klarer Kurs auf Sub
2:20. Ein weiterer Läufer der kurz nach vorne geprescht ist muss sich schnell
zurückfallen lassen. Da sind wir nun. Zusammen mit Marc und Per gehen wir voll
auf Kurs. Die ersten Kilometer mit irgendwas um 3:50 einrollen und dann
vorsichtig Fahrt aufnehmen. Marc wollte nach der Einrollphase in Richtung 3:45
gehen, was dann auch geschah. Matthi begleitete uns auf dem Rad, dazu die
beiden Fahrradbegleiter für den zweiten und dritten Platz im Männerfeld.
Regelmäßig fahren an uns die offiziellen Autos (natürlich BMW :) ) vorbei. Auf
der Prager Straße erreicht uns ein Graupelschauer der stärkeren Sorte. Danach
bleibt es zwar trocken, jedoch frischt der böige Wind deutlich auf. Teamwork
ist nun gefragt. Da wir drei ja alle auch in größerem Maße dem Radsport frönen,
wechseln wir uns munter kreiselnd nach belgischem Vorbild ab. Dabei laufen wir den
einen oder anderen Kilometer auch deutlich schneller als 3:45, was in
Kombination mit dem leichten Kraftaufwands- und Tempowechsel durch die
wechselnde Führungsarbeit für mich definitiv zu schnell ist, um sauber bis ins
Ziel zu kommen. Aber das spielt keine Rolle, denn die Alternative wäre alleine
im Wind und ohne Abwechslung und Orientierung zu laufen. Ich wollte möglichst
lange am 2:40h-Kurs festhalten und mich am Ende ins Ziel kämpfen, unabhängig
was für eine Zeit rauskommen wird. Denn eines war zu diesem Zeitpunkt klar:
heute geht es auch um eine sehr gute und auch (für das BMW-DHfK-Team)
werbewirksame Platzierung.
Der Führende, über den wir die ganze Zeit gelästert und
gemutmaßt haben, schien nach seinem extrem ambitionierten Start nicht weiter an
Boden gewinnen zu können. Unsere Hoffnung, dass wir vorbeilaufen können, wurde
nie entkräftet. Die Passage auf der Richard-Lehmann-Straße auf der man den
anderen entgegenläuft, zeigte uns dann sehr schön wo wir stehen (laufen). Vor
uns der Retro-Einzelkämpfer der nicht mehr wirklich frisch aussah, hinter uns
mit großem Abstand ein paar Einzelkämpfer die alle allein mit ihrem Schicksal
kämpften. Zumindest taktisch alles richtig gemacht.
Den Halbmarathon liefen wir in knapp über 1:19h durch - das
hätte sogar für Top-Ten-Platzierungen beim Halbmarathon gereicht. Das war nicht
nur auf der Uhr zu schnell für mich, auch der Körper sendete nun deutliche
Signale, dass der Ofen bald ausgeht. Ganz leicht deutete sich Seitenstechen an
und das Gefühl des Fliegens aus der ersten Runde wich dem Gefühl steigender
Trägheit und Schwerkraft. Per wirkte auch nicht gerade unterfordert, aber doch
sehr souverän. Marc hingegen lief wie ein Uhrwerk. Am Augustus-Platz (ca. km
24) musste ich die beiden dann ziehen lassen. 3:45 bis 3:50 ist jetzt einfach
zu schnell. Stattdessen regelt sich mein Tempo bei ca. 4min/km ein. Irgendwie
ins Ziel kommen und möglichst nicht überholt werden. 18km vor dem Ziel nicht
unbedingt ein leichtes Vorhaben, aber bis jetzt hat es sich bei allen
schwierigen Situationen in vergangenen Wettkämpfen gelohnt sich durchzubeißen.
Aktuell auf Platz 4 mit dem unberechenbaren Führenden ... vielleicht geht ja
doch noch was. :)
Die Kilometer quälen sich nun so dahin. Doch bei Kilometer
30 dann das Unglaubliche. Wer sitzt denn da am Straßenrand und macht sich die
Startnummer ab? Sind jetzt nur noch Marc und Per vor mir, oder bilde ich mir
das jetzt nur ein? Da ich auf einmal eine Radbegleitung hatte musste es wahr
sein. :) Krasse Situation. Im ersten Moment hab ich mich einfach nur gefreut,
dass Per oder Marc gewinnen wird. Die Chance, dass von hinten einer stark auf
mich aufholt war nicht nur groß, sondern extrem hoch. Die Beine schwer wie
Blei, der Kopf voller Euphorie - na mal schauen was auf der
Richard-Lehmann-Straße zu sehen sein wird. Und da kam ........... laaaaaange
....... nix. :D
Jo, ne klare Aufgabe: beweg deinen Hintern und sieh zu dass
du ins Ziel kommst - keine Widerrede!!!
Auf Platz drei lag jetzt kein Läufer, sondern ein
tonnenschwerer Panzer. Bodenkontaktzeiten gefühlt im Stundenbereich,
Körperhaltung adäquat der zehnfachen Fallbeschleunigung und falls sich
irgendwas in den Weg stellt, wird einfach drüber gerannt. :D
Wie durch ein Wunder war auch auf der Jahnalle niemand zu
sehen. Es wird doch wohl nicht ... doch es wird!!! Sogar die Halbmarathonis
stehen noch alle da (sorry für die Verspätung an dieser Stelle). Die Zeit von
2:45:irgendwas hat mich sogar positiv überrascht. Und da ist er, der DRITTE
Platz beim Leipzig Marathon!!! Woooohaaaaa!!!
Dank an alle, die dieses kleine Wunder ermöglicht haben!
Aufhören mit Laufen ist nicht drin, die Sub 2:40h steht weiterhin auf der
ToDo-Liste. :)